75 Jahre Tischtennis Kreisverband Harburg-Land von 1949 e. V.
Improvitationskünstler mit Korkschläger tummelten sich zuhauf an wenigen Platten – Die ersten 10 Jahre des Kreisfachverbandes Tischtennis
Landkreis
| TTVN | Ralf Koenecke
Der furchtbare 2. Weltkrieg hatte im Mai 1945 mit der Kapitulation Deutschlands geendet. Die siegreichen Alliierten hatten Deutschland besetzt. Alle Sportorganisationen hatten sie ganz verboten, dann ab 1946 lokal zugelassen. So entstanden bald einige Vereine neu. 1949 gründeten 7 Vereine den Kreisfachverband Tischtennis, der vom Kreis- Turn- und Sportbund nach der Währungsreform 1948 großzügig mit einem Zuschuss von 50 D-Mark bedacht wurde.
An Sportinteressenten mangelte es nicht, wohl aber an fast allem anderen. Fußball konnte überall gespielt, von Sporthallen, womöglich noch beheizten, nur geträumt werden. Sportgeräte gab es kaum. Tischtennisbälle tauschten die Sportler bei den englischen Besatzern gegen Eier ein. Einer der letzten Zeitzeugen aus dieser Ära, der Winsener Ernst-August Meyer, berichtet: „Die erste Tischtennis-Platte besorgte uns beim TSC Major Seddon“. Als sogenannter British Resident Officer war Alan Douglas Seddon der organisatorische Anlaufpunkt im britisch besetzten Landkreis Harburg. Ohne seine Erlaubnis ging nichts.
1950 gab es im Landkreis Harburg nur fünf Sporthallen: Die Dieckhofstraße in Tostedt, die auch heute noch genutzt wird. In Buchholz gab es auch schon eine Halle, die später als Jugendzentrum diente. Auch in der Hermann-Maack-Turnhalle in Stelle am Büllerberg und in der 1889 erbauten und inzwischen abgebrannten MTV-Halle an der Eckermannstraße in Winsen tummelten sich Aktive. In der TSC-Halle am Neulander Weg in Winsen flogen ebenfalls Bälle über die Tische. Vor allem dienten Säle der Gaststätten und ausgeräumte Klassenzimmer in Schulen als Spielstätten. Anfangs wurden Schläger mit Korkbelag benutzt. Als Tisch diente eine vom Tischler zugesägte und grün gestrichene Spanholzplatte. In Marschacht stellte man im Konfirmandensaal Kuchenplatten mit Nut und Feder zu annähernd passenden Maßen zusammen. Wer kein Netz zur Verfügung hatte, nahm eben ein ausgedientes Gardinenbrett, und dann ging es mit viel Engagement los.
Der regelmäßige Spielbetrieb startete1950. In der wahrscheinlich ersten Punktspiel-Staffel sind insgesamt acht Mannschaften aufgeführt (MTV Marxen, VfL Jesteburg, TSV Stelle, TSV Hoopte-Fliegenberg, BW Buchholz, MTV Laßrönne, MTV Luhdorf-Roydorf, SC Bendestorf). Im gleichen Jahr, am 16. und 17. September fanden auch die ersten Kreismeisterschaften statt, an vier Tischen in der Winsener Sporthalle am Neulander Weg.
In den folgenden Jahren wuchs die Zahl der Aktiven enorm: 1952 fand man im Landkreis Tischtennis gleich hinter Fußball auf Rang 2. Kurt Schmidt, erster Vorsitzender des Kreisverbandes, hielt fest: „Beim MTV Marxen gab es nur 2 Tischtennis-Platten, aber 25 Aktive, die spielen wollten.“
1953 machten erstmals der MTV Tostedt und der MTV Scharmbeck bei Punktspielen mit. Insgesamt sind 12 Herrenmannschaften gemeldet als Kreisklassenstaffel, erstmalig auch die Jugend mit einer Kreisstaffel. 4 Damenteams war im Landkreis aktiv.
Stetig wuchs die Zahl der Tischtennis-Aktiven. 1954 sind zwei Herrenstaffeln und jeweils eine im Jugend- und eine im Damenbereich gemeldet. Nur die Kreise Harburg, Lüneburg und Gifhorn hatten im Bezirk Lüneburg Damenmannschaften. Pokalspiele wurden in diesem Jahr erstmalig durchgeführt. Kreismeisterschaften der Jugend fanden in Tostedt und die der Senioren im Winsener Schützenhaus statt. Am 19. Februar 1954 trat eine Kreisauswahl gegen eine schwedische Mannschaft an, vor rund 100 Zuschauern in der TSC-Halle. Der im Foto oberhalb dieses Textes abgebildete Günther Salewski gehörte zu dieser Auswahlmannschaft.
In der Saison 1955/1956 beteiligten sich 25 Vereine am Tischtennissport. Nach 1955 ging die Zahl der aktiven Tischtennisspieler wieder etwas zurück. 1956 waren insgesamt 60 Mannschaften im Spielbetrieb. Davon schlugen fünf Teams in der Bezirksklasse Lüneburg auf.
Neben dem Punkt- und Pokalspielbetrieb gab es schon zu Beginn der 1950er Jahre jährlich ein besonderes Turnier in der Schützenhalle in Winsen mit Spielern aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen.
Zum Ende des ersten Jahrzehnts ging die Zahl der Tischtennis-Abteilungen auf 22 zurück. Eine einschneidende Regeländerung trat am 1. September 1957 in Kraft: Das Spiel mit Schlägern, die mit bloßem Schwamm oder Kork belegt waren, wurde verboten.
Die stärkste Mannschaft im Landkreis bildeten die Männer des MTV Winsen in der Verbandsklasse. Auswärtsspiele standen dabei in Celle, Lüneburg und Wolfsburg an.
1958 bereicherten drei neue Vereine den Kreistischtennis-Sport: Der TV Meckelfeld, der zuvor dem Hamburger Tischtennisbund angehörte, Blau-Weiß Buchholz und TSV Heidenau boten das schnelle Spiel mit Ball und Schläger an. Heidenau ging gleich mit drei Mannschaften an den Start!
Das erste Schiedsgericht wurde gewählt: Die Herren Kleeblatt (Buchholz), Hörner (Maschen) und Burkhard Gerlach (MTV Tostedt) gehörten diesem ersten Gremium an.
Ebenfalls 1958 fanden erstmals Bezirksmeisterschaften im Landkreis Harburg statt. Mehr als 400 Spiele absolvierten die Aktiven bei dieser Veranstaltung wiederum im Winsener Schützenhaus. Ein noch größeres Turnier, im Rahmen der 800-Jahr-Feier der Stadt Winsen, wurde im gleichen Jahr geplant.
Das erste Jahrzehnt des organisierten Tischtennis-Sports im Landkreis war geschafft, mit viel Einsatz von Idealisten und - notgedrungen - Improvisationskünstlern.
Ulrich Meier und Ralf Koenecke
Der Tabellenspielgel für die im Kreis Harburg im Jahre 1951 spielenden Mannschaften sah wie folgt aus.
1 MTV Marxen 22:2
2 VfL Jesteburg 19:5
3 TSV Stelle 1 8:4
4 TSV Hoopte-Fliegenberg 9:13
5 Blau-Weiß Buchholz 8:14
6 MTV Laßrönne 8:16
7 MTV Luhdorf-Roydorf 4:18
8 SC Bendestorf 0:22
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